Manchmal würde ich gerne morgens vor dem Spiegel stehen und sagen: „He du, ja du, ich mag dich!“
Doch das ist nicht immer machbar. Erstens, weil mit mir morgens einfach gar nichts anzufangen ist (wir reden dann nach zwei Tassen Kaffee wieder), zweitens, weil das mit der Selbstliebe in der Theorie so wunderbar klingt aber in der Praxis so schwer ist.
Mein Körper ist mein Tempel, absolut. Er schafft Großartiges. Er hat einen Menschen gebaut und ihn dann monatelange ernährt. Er hat Schmerzen gelitten und ist dann geheilt. Er atmet, er kann sich fortbewegen, er funktioniert. Mein Körper ist phantastisch, ja, das ist er.
Aber manchmal mag ich ihn trotzdem nicht. Und es wäre gelogen zu sagen, dass ich mich selbst immer, bedingungslos liebe. Denn das schaff ich nicht.
Manchmal sind es meine Oberarme, dann meine Knie und manchmal mein Bauch, obwohl ich weiß, was der alles durchmachen musste. Dann ist mir mein Körper einfach unsympathisch, ich bin sauer auf ihn und weiß irgendwie nicht mehr, was ich anziehen soll. Dann bin ich geplagt von Selbstzweifeln, von Unsicherheit, die sich von meinem Äußeren auf mein Inneres übertragen und meine Laune beschweren und in den Keller ziehen.
Wichtig ist aber, dass das nicht oft vorkommt. Dass ich meinen Körper nicht hasse oder verabscheue. Denn dafür ist er viel zu kostbar und viel zu einzigartig.
Immer im Einklang mit sich selbst zu sein ist nahezu unmöglich, und das sollte man akzeptieren. Man sollte aber auch akzeptieren, dass man es aber zumindest versuchen soll. Sich selbst zuliebe. Denn nichts anderes ist Selbstliebe, als sich selbst zuliebe etwas zu tun.
Und wenn ich also manchmal morgens vor dem Spiegel stehe und mich nicht mag, dann gehe ich vom Spiegel weg und trinke meine zwei Tassen Kaffee. Danach sieht nämlich meist die Welt (und mein Spiegelbild) schon ganz anders aus…
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