
Da stand ich im Edeka, im Einkaufswagen die keifende Große, im Kinderwagen der quengelde Mini, mit der Post in der Telefon-Warteschleife und der Gatte, der keinen blassen Schimmer davon hatte, was wir im Kühlschrank haben und was nicht. Und wieder versuchte ich allen gerecht zu werden, hob den Mini aus dem Wagen, klemmte das Handy zwischen Schulter und Ohr, versuchte (vergeblich) auf die Große einzureden und suchte nach dem Milchregal.
Und danach? Danach war ich erschöpft.
Manchmal kommt es mir vor, als wären in meinem Gehirn 24 Tabs gleichzeitig offen. Auf dem Weg zur Spülmaschine komm ich ab, weil ich endlich den Schal der Großen wiederfinde, will ihn verräumen, entdecke dabei den Dreck, den ihre Schuhe im Vorraum angerichtet haben, will den Besen holen und finde meinen kalt gewordenen Kaffee wieder, da fällt mir ein ich könnte den Sieb der Kaffeemaschine ausleeren und den Müll runterbringen… Die Spülmaschine ist dann am Abend immer noch nicht ausgeräumt.
Dabei will ich mich selbst nicht vergessen, versuche zu arbeiten, während ich den Kleinen in den Schlaf wippe, will ja „den Anschluss“ nicht verlieren. Und dabei verlier ich mich ein Stückchen selbst.
Auf uns lastet einiges. Und mit uns meine ich uns Mütter. Das hat nicht nur mit Hausarbeit und Kinderbetreuung zu tun, denn die sollte im Idealfall aufgeteilt werden, sondern mit den Erwartungen die uns entgegengebracht werden.
„Früher war alles besser“, sagen die einen, „es war noch nie so gut wie heute“, meinen die anderen. Dabei denke ich, dass es früher nicht besser und heute noch immer nicht gut ist.
Eine Mutter muss schließlich den Spagat schaffen und allen Erwartungen gerecht werden, die an sie gestellt sind. Zumindest haben wir das Gefühl, wir müssten das. Das Haus sollte halbwegs ordentlich und stylisch sein, kochen jeden Tag frisch und nur bio, mit den Kindern immer verständnisvoll sein und ja nicht die Geduld verlieren, den Job sollte man auch nicht vernachlässigen, den Partner sowieso nicht und man sollte dann aber bitte auch die Zeit finden auf die eigene Figur zu achten, Fitnessstudio oder zumindest Yoga oder Pilates und die Haare immer frischgewaschen und in Form geföhnt.
Jap.
Und ich? Ich geb mir einen Solo-High-Five wen ich es schaffe die Kinder bis abends am Leben zu erhalten und die Spülmaschine auszuräumen. Aber es wäre gelogen zu sagen, dass ich den Druck nicht spüre und das ständige schlechte Gewissen, denn ich multitaske, habe aber das Gefühl nichts wirklich gut zu machen.
All die Erwartungen, die uns Müttern entgegengebracht werden sind nur zu schaffen, wenn der Tag 48 Stunden hätte, man ausschlafen könnte (haha, I know) und man sich eine Haushaltshilfe und einen Personal Trainer leisten könnte. Und irgendwie will ich diesen Erwartungen gar nicht gerecht werden, will mich nicht unter Druck setzen lassen und will, dass es mir egal ist, was andere von mir denken. Das ist je nach Tagesverfassung (meiner, und die meiner Kiddos) mal leichter und mal schwieriger.
Aber ich versuche es, denn auf Dauer bricht man unter dieser mentalen Last zusammen. Und das will ich nicht. Meiner Familie zuliebe. Aber (und das mag vielleicht egoistisch klingen) vor allem mir zuliebe.
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Alice meint
Oh mein Gott… ich kann mich meinen Vorrednerinnen nur anschließen! Ich kann nicht glauben wie sehr dieser Text mir aus der Seele spricht. Ich versuche das schon seit Monaten meinem Mann zu erklären, aber konnte bisher nie so richtig beschrieben, was in mir vor geht oder mich belastet. Wenn er das gelesen hat wird er es hoffentlich verstehen können. Vielen vielen Dank für diese offenen Worte! Es tut so unglaublich gut zu hören dass man nicht die einzige ist, die sich so fühlt!
Jennie meint
Ich zerbreche momentan daran…mach alles allein, da mein Mann es zeitlich und körperlich nicht hinbekommt.
Und von allen Seiten diese Erwartungen…
6 Jahre ist es nun her, dass ich das letzte Mal ausgelassen einfach ich sein konnte. Wie schafft man das?!
FrEdde meint
Ich lese alle diese Artikel und Kommentare über unglückliche und gestresste Mütter überall und frage mich warum das so sein muss und sehe die Verantwortung bei jeder Familie dafür zu sorgen, dass alle Mitglieder halbwegs glücklich sind. Nicht Mutter. Sondern Familie. Wir Leben doch Grundsätzlich in einem Land in dem uns an nichts fehlt. Ich möchte Mut machen für andere (alte) Wege.
Ich (38) habe „nur“ eine Tochter (2)… sie geht seitdem sie zwei ist für ca. Zwei bis drei Stunden in den kiga. Wir haben uns bereits vor der Geburt entschieden, dass ich erstmal zuhause bleibe damit sie nicht zwingend über Mittag da bleiben muss. Und nach extremen Schwierigkeiten am Anfang liebe ich jeden Tag mit ihr. Um dies umzusetzen sind wir umgezogen, haben unseren Lebensstandard überprüft und angepasst. Zusätzlich zu meiner gesetzlichen Rente sorgen wir natürlich für mich noch privat vor. Das scheint erschreckenderweise nicht selbstverständlich zu sein. Ich arbeite einige Stunden von zuhause und werde in den nächsten Jahren eine neue Stelle suchen. Aber das dauert noch etwas. Wie alles bei Kindern ist dies eine Phase ☺️Sollte ich den einen Anschluss verpassen… suche ich halt nen anderen. Sehr wahrscheinlich werde ich unter meiner Qualifikation bleiben aber ehrlich gesagt ist es mir das absolut wert. Wir überlegen an einem Ehevertrag um Unterhaltsfragen für den Worste case zu regeln. Das geht auch nach Eheschließung… naiv sind wir nicht.
In der ersten Zeit war ich oft neidisch nicht arbeiten gehen zu können aber jetzt habe ich manchmal ein schlechtes Gewissen so eine tolle Zeit mit meinem Kind verbringen zu können. Und ich werde sehr oft angefeindet dafür, dass ich den Trend nach „Mehr“ nicht mit mache. Aber ich empfinde unser Arrangement als große persönliche Freiheit und Luxus und wünsche jeder Familie, dass sie ihren Weg in diesem Wahnsinn findet.
Es ist mir ein Rätsel wie ihr das alles mit mehreren Kindern stemmt und habe großen Respekt vor eurer Arbeit. Und bitte: mehrt euer Glück. Durch Babysitter, Putzfrauen, weniger arbeiten oder wie auch immer.
Wir haben nur dieses eine Leben.
Bea meint
Danke für diesen wunderbaren Text. Mir geht es jeden Tag haargenau so.. und mein Mann versteht nur Bahnhof und ärgert sich darüber, Termine in den gemeinsamen Kalendar eintragen zu müssen, damit keiner seine Termine vergisst..
Nina meint
Das spricht mir aus der Seele.
Mit 4en (9, 6, 4, 3) verliere ich mich den ganzrn Tag selbst und hechte oft chaotisch zwischen unerledigtem herum.
Keine Ahnung was ich wann weglassen könnte.. denn.. wie du schreibst.. den Anschluss nicht verlieren. Trotzdem die Kids teilnehmen lassen an Aktivitäten und ihre Freunde einladen/besuchen… trotzdem frisch kochen und Zeit für jedes Kind… und trotzdem ein einigermaßen schönes Heim…
Manchmal hilft einfach nur zu akzeptieren dass 5 Minuten am Abend für mich viel sind….
Aber wie lang kann das gut gehn….
Mal sehn…
Alina meint
Oh gott. Ich lese viele Blogs aber selten hätte ich das Gefühl , dass mir so sehr jemand aus der Seele redet. Mir geht es wirklich haargenau genauso. Mein großer ist 7, meine Kleine ist fast 4 Monate alt und ich muss jetzt schon über Kita Plätze, Wiedereinstieg in den Beruf, das Verlieren der Schwangerschafts Kilos und das Wohlergehen aller inklusive Wohnung eingehen. Mich selbst und meine Bedürfnisse stelle ich ganz ganz weit hinten an weil es einfach nicht anders geht. Ich bin die einzige die den Laden zusammenhält und für meine Hobbys und meine Bedürfnisse ist einfach wenig Platz. Klar das ist immer so wenn die Babys klein sind aber sobald sie ein Jahr alt ist wird es sich nur verlagern. Was für Aussichten… Lieben Gruß
Lena meint
Ich fühle mich haargenauso!!! Es tut gut es schwarz auf weiß zu lesen. Danke! Und: stylische, saubere und ordentliche Wohnungen machen mich am meisten fertig