Es war einmal eine Frau, die drei Kinder hatte. Doch diese drei Kinder, wurden auf eine ganz andere Art und Weise geboren, als es sich diese Frau einst erträumt hatte. Nicht im Wasser zu sanften Klängen von Enya, sondern durch einen kleinen Schnitt am Bauch. Einer war ungeplant und traumatisch, einer war wunderschön und sanft und der letzte ungemütlich und zäh. Aber beginnen wir ganz von vorne.
Die Frau bin ich. Evelyn, 34 und Mutter von drei kleinen Raketen – drei Kaiserraketen wenn frau so will. Ich kann mich noch gut an diesen ersten Kaiserschnitt erinnern. All die Schuldgefühle und die Scham die damit einhergingen und das Gefühl, auf ganzer Linie versagt zu haben. Jetzt, viele Jahre und weitere zwei Kinder später weiß ich, dass diese Schuldgefühle von damals reine Selbtsabotage waren. Ungemütliche Geister, die sich in meinem Kopf eingenistet hatten und die ich erst durch viel Aufarbeitung und nicht zuletzt durch das Schreiben unseres Buches „Nachwehen“ vertreiben konnte.
Und während mein erster Notkaiserschnitt mit Vollnarkose tiefe Narben hinterlassen hat, konnte die zweite (Wunsch-)Bauchgeburt ein Stück weit Heilung bringen. Denn die Geburt meines mittleren Sohnes war sanft, einfühlsam und selbstbestimmt – genauso, wie ich es mir gewünscht hatte. Es war ein guter Start ins neue Leben – für den kleinen Wonneproppen als auch für mich. Für diesen zweiten Kaiserschnitt hatte ich mich ganz bewusst entschieden, um meine Seele zu schonen, die zu diesem Zeitpunkt mit einer weiteren Notsectio nicht klargekommen wäre.
Aller guten Dinge sind…?
Als ich mit unserem dritten Kind schwanger wurde, machte sich in mir der Wunsch breit, eine vaginale Geburt anzupeilen. Ich war bereit für alle Eventualitäten, hatte meine Erwartungen zur Geburt ganz nach unten geschraubt und wusste, dass es ohnehin immer anders kommt, als man denkt. Beim großen Zuckertest wurde eine Schwangerschaftsdiabetes festgestellt. Eine Diagnose, die sich auch auf die Geburt auswirken würde, das wusste ich. Meine Frauenärztin in Deutschland machte mir gleich klar, dass es schwierig werden würde eine Klinik zu finden, die nach zwei Sectios eine vaginale Geburt unterstützen würde und das war es auch. Ich hatte das Gefühl belächelt zu werden, nicht ernst genommen. Ganz nach dem Motto: „Sie hatten ja bereits zwei Kaiserschnitte, was stellen Sie sich jetzt so an?“. Im siebten Schwangerschaftsmonat sind wir mit Sack und Pack aus Deutschland zurück nach Wien gezogen und da wandte sich das Blatt. Noch vor dem Umzug hatte ich mir einen Platz in einer Klinik gesichert und telefonisch mit einer Hebamme gesprochen. Sie meinte, einer vaginalen Geburt stünde per se nichts im Wege, aber ein persönliches Gespräch und eine Visite wären notwendig um die Details zu besprechen.
Insulin und Warterei
In der Zwischenzeit hatte sich aber mein Diabetes verschlechtert und ich musste sechs Wochen vor der Geburt mit täglichen Insulinspritzen anfangen. Die Frauenärztinnen in der Klinik wollten mich in meinem Vorhaben eine vaginale Geburt zu erleben unterstützen, machten mir aber auch klar, dass ich das Kind aufgrund des Diabetes nicht übertragen dürfte. Eine „normale“ Einleitung stand wegen einer möglichen Uterusruptur nach zwei Kaiserschnitten nicht zur Debatte. Ich hatte also bis am ET Zeit, um die Geburt natürlich einzuleiten.
Und so wartete ich.
Und wartete.
Und wartete.
Ich habe Fenster geputzt, hatte drei Eipollösunge, Akupunktur, bin Treppen gestiegen, hab Yoga gemacht, hatte einen Einlauf und habe (nicht nur) einen Wehencocktail geschlürft. Aber geholfen hat gar nichts.
Am 27.7 kam die dritte Rakete im Bunde zur Welt. Schreiend, zornig und per Kaiserschnitt.
Drei Mal Bauchgeburt also
Es war eine ungemütliche Sectio. Eine, die mir die Tränen ins Gesicht getrieben hat, weil ich fixiert in diesem grell beleuchteten OP lag, ohne meinen Mann, der aufgrund der C-Lage nicht mitdurfte und ganz alleine, kurzsichtig an die Decke starrend. Mir war kalt. Ich hatte Angst. Und da der kleine Zwerg nach wenigen Minuten nach draußen zu seinem Vater gebracht wurde, zählte ich die unendlich vielen Sekunden, bis die Naht endlich verschlossen wurde und ich ins Aufwachzimmer durfte.
Die Heilung nach diesem dritten Kaiserschnitt war gefühlt sehr anstrengend. Der Schmerz war ähnlich, wie bei den anderen Malen, ich hatte aber das Gefühl, dass mein Körper mehr Zeit in Anspruch genommen hat. Vielleicht, weil es das dritte Mal war, vielleicht aber auch, weil neben diesem niedlichen und ziemlich laut schreienden Neugeborenen noch andere zwei Kinder Zeit mit mir einforderten. Ja, der letzte Kaiserschnitt war zäh und ungemütlich. Schmerzhaft und vertraut zugleich.
Klar, ich bin nach wie vor neugierig, was gewesen wäre, wenn ich kein Schwangerschaftsdiabetes gehabt hätte, wenn die Wehen natürlich eingesetzt hätte, wenn… hätte, hätte, Schnullerkette. Fakt ist, dass ein Kaiserschnitt eine Operation ist. Eine, die (viel zu) oft belächelt wird. Aber eine Sectio ist weder eine „leichtere“ Geburt, noch eine „schwerere“. Sie ist lediglich eine „andere“ Art der Geburt. Eine Bauchgeburt. Meine Bauchgeburt.
Über unser Buch „Nachwehen – Trost und Hilfe bei überwältigenden Gefühlen rund um die Geburt„.
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