Es war zehn Uhr morgens als ich den Radio aufdrehte und mir die Kinnlade runterfiel.
Grund war der Satz einer Dame, eine gewisse Nicole, selbst Mutter. Sie meinte todernst: „Männer, die bei den Kindern zuhause bleiben, sind Weicheier“.
Thema der Radiosendung war die Frage, ob ein Mann, der gerne nach der Geburt seines ersten Kindes zwei Monate daheim bleiben würde, den Knick in der Karriere vertragen könnte. Immerhin bekleide er eine Führungsposition.
Die Antworten, die auf diese Frage kamen, waren teilweise grotesk. Von: „Männer sollen ruhig arbeiten gehen, ich habe die Zeit mit meinem Baby alleine genossen!“ bis hin zu: „Väter stehen eh nur im Weg rum, die sind doch zu blöd für sowas.“ Sei es Männer als auch (sehr viele) Frauen, waren entschlossen gegen die Elternzeit.
Ich war platt. Und ich glaube die Radiomoderatorin auch.
Ein Mann, der sich um sein Kind kümmert, der die Nacht aufsteht, wenn es weint, der gerne Zeit mit seiner Familie verbringt, ist also „verweichlicht“, ein „Schwächling“? Wenn sich um die Kinder zu kümmern „schwach“ ist und „schwach“ schlecht ist, dann bedeutet das automatisch auch, dass Frauen „schwach“ und „schlecht“ sind, weil sie sich eben gerne und ausschließlich mit dem Nachwuchs beschäftigen. Zumindest wenn es nach der Logik dieser Hörer geht.
Nicht nur ist die Mentalität der 1950er-Jahre nach wie vor in deutschen Haushalten stark präsent, nein, sie wird auch noch von vielen Frauen vertreten.
Diese Stereotype, die an Männern und Frauen haften sind für beide Geschlechter gefährlich.
Sie propagieren ein Weltbild, in denen Frauen immer fürsorglich, mütterlich und häuslich sein sollen. In denen Männer nicht in der Vaterrolle aufgehen können, die „Weicheier“ sind, wenn sie Liebe empfinden und diese auch zeigen.
Gerade deshalb sollten sich Männer, die Väter werden, Elternzeit nehmen. Auch (und vielleicht sogar vor allem) wenn sie Führungspositionen bekleiden. So können sie ein Exempel statuieren, zeigen, dass auch Väter das Recht auf Zeit mit ihren Babys haben. Und je mehr Papas sich die Elternzeit nehmen, desto normaler wird es werden und desto seltener (hoffentlich) Aussagen wie jene, der gewissen Frau Nicole.
Hoffe ich zumindest.
Inständig.
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Bettina meint
Ich bin nicht nur äußerst froh, sondern auch sehr stolz darauf das mein Mann ebenfalls ein Jahr in Karenz bleiben möchte- Nein, ich formuliere es anders: er fordert es sogar ein und es ist ihm vollkommen egal was seine Kollegen oder andere Mütter darüber denken. Ein Hoch auf den emanzipierten, liebevollen Vater!
Zhunami meint
Du meine Güte, mir war gar nicht wirklich bewusst, dass es überhaupt noch solche vorsintflutlichen Meinungsbilder gibt. Das ist ja wirklich erschreckend.
Gregor meint
Gruselig ist das! Aber irgendwie gerade sehr in, dass man sich gesellschaftlich zurück ins Mittelalter katapultiert…wünschenswert wäre eine verpflichtende Väterkarenz, wie in manchen skandinavischen Ländern, aber scheinbar sind Deutschland und Österreich noch nicht so weit.
Danke auf jeden Fall für deinen Artikel!