
Shirt: WOMOM
Es ist zwei Uhr nachmittags und ich bin mit der Arbeit für heute fertig. Doch anstatt die Ruhe zu genießen, bevor ich meine Tochter um drei Uhr von der Kita abhole, plagt mich das schlechte Gewissen. Immerhin entspanne ich gerade. Wer welche Mutter braucht das schon – Entspannung.
Oder?
Und dieses Gefühl, des „Nicht-Gerecht-Werdens“, des permanenten schlechten Gewissens, plagt mich, seit ich den zweiten Strich auf dem Schwangerschaftstest entdeckt habe.
Zwei Striche, die dich plötzlich für ein Leben verantwortlich machen. Und du musst dich nun mit Dingen auseinandersetzen, die bis dahin nicht im entferntesten deine Gedanken gekreuzt haben. Weichkäse, zum Beispiel, oder Thunfisch.
Und natürlich hört es nach der Schwangerschaft nicht auf. Du machst dich wegen deinem Geburtsvorgang verantwortlich, für das Stillen, das nicht klappen will, für den Moment, wenn die Hormone dich überkommen und du einfach nur weinst, obwohl du gücklich sein solltest, weil du dein Neugeborenes in den Armen hältst.
Du fühlst dich schuldig, weil du Schlaf brauchst (wie eogistisch von dir), weil du es satt hast, den ganzen Tag Zuhause zu sitzen und manchmal gerne zurück in die Arbeit möchtest. Und wenn du dann wieder zurück in die Arbeit findest, fühlst du dich schuldig, weil dein Baby in Fremdbetreuung ist, weil du es nicht als erstes, sondern manchmal als letztes abholen kannst. Du fühlst dich schuldig wenn dein Kind bei dir im Bett schläft oder denkst du musst dich rechtfertigen, wenn es nachts im eigenen Zimmer liegt. Du denkst du musst immer pädagogisch wertvoll sein und BIO Gemüse verkochen, eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen und wenn das nicht der Fall ist, liegst du nachts im Bett wach (obwohl du den Schlaf gut brauchen könntest), starrst an die Decke und machst dir 101 Vorwürfe.
Du fühlst dich schuldig, wenn deine Mutter meint, sie hatte es damals anders gemacht, wenn andere Eltern am Spielplatz dich schief angucken, weil du Gummibärchen, statt Apfelstücke dabei hast, oder es wagst zu telefonieren, während dein Kind spielt.
Ja. Mütter. Das sind die Frauen, die ein schlechtes Gewissen haben.
Obwohl sie es eigentlich nicht haben sollten.
Denn wir geben alle unser Bestes. Tagein und tagaus. Und nachts obendrauf.
Wir geben uns Mühe, sind stark, mutig, resistent, taff.
Und meistens geht es unseren Kindern ja gut! Sie sind zum Glück da, egal auf welchem Weg – ob mit Kaiserschnitt oder vaginal -, sie werden auch mit der Flasche satt, fühlen sich geliebt, auch wenn wir mitten im Babyblues stecken, haben Spaß mit uns zuhause und dann mit den anderen Kindern in der Betreuung. Sie finden dich lustig, wenn du pädagogisch wertlos bist, mögen Gummibärchen und lieben dich auch, wenn du mal „nein“ sagst.
Wir sind diejenigen, die an unseren Sorgen arbeiten müssen. Die manchmal lernen sollten abzuschalten, an uns selbst zu denken. Egoistisch zu sein. Nicht, weil wir unsere Kinder nicht lieben, sondern weil wir uns selbst ja auch lieben sollten.
Weil auch wir eine Auszeit verdient haben, von all den anderen, aber auch von unseren Selbstvorwürfen.
Ja, das schlechte Gewissen plagt mich seit dem Tag, als ich den positiven Schwangerschaftstest in den Händen gehalten habe und ich bin mir sicher, das mit den Vorwürfen wird noch lange unbewusst so weitergehen.
Aber ich arbeite an mir, weil mein rationales Ich weiß, dass es der Kleinen blendend geht, dass ich das eigentlich alles recht gut wuppe und dass all das schlechte Gewissen völliger Quatsch ist…
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Diana meint
Jedes Wort lässt mich Nicken, du hast so recht! Danke für diesen Artikel, es tut so gut zu wissen, dass es mehr Müttern so geht!
Jeanie meint
Danke……das tut einfach nur gut…zu wissen das man nicht alleine ist und eben nicht zu den Sunshine Mamis gehoert bei denen scheinbar immer alles easy ist…Danke Danke Danke…das sollten auch die Papis mal lesen….
Gloria meint
Du sprichst mir von der Seele. So geht es mir jeden Tag, immer dieses schlechte Gewissen. Es tut gut zu wissen, dass man nicht alleine ist. Vielen Dank für den schönen Text.