Social Media sowie Zeitschriften und Fernsehen sind voll von glucksenden Babygesichtern, die von zärtlich lächelnden Müttern und Vätern gehalten werden. Das Leben als Familie muss so schön sein. Oder?
Was die Medien außer Acht lassen, sind die Momente, die ganz und gar nicht so verträumt und romantisch sind. Die Momente voller Marmeladenflecken, Pinkelpfützen am Boden und Rotzschmiere auf der Anzugshose. Denn auch das bedeutet es Eltern zu sein. Es ist nicht immer idyllisch und wunderschön und einfach und es wäre banal zu glauben, dass Erziehung ein Kinderspiel ist.
Oft – sehr oft – stoßen Mütter und Väter an ihre Grenzen. Sie sind ausgelaugt und erkennen sich im Spiegel kaum wieder. Das schlägt sich auch auf die Partnerschaft um, die unter Druck und Belastung stark leiden kann.
Genau da ist es hilfreich stehenzubleiben, durchzuatmen und Hilfe zu holen. Auch wenn es einem manchmal schwer fällt, aber es lohnt sich. Zu diesem Zeitpunkt kommt mentavio ins Spiel. mentavio bietet psychologische Onlineberatung, Coaching und Therapie per Webcam, Chat, E-Mail oder per Telefon – und zwar von Zuhause aus und ohne, dass extra ein Babysitter organisiert werden muss. Nach der Anmeldung kann man sich zwischen über 250 Psychologen, Psychotherapeuten und Heilpraktikern für Psychotherapie entscheiden, die Onlineberatung über mentavio anbieten. Viele davon sind auch auf Themen rund um Familie, Kindererziehung & Beziehungen spezialisiert und ein Großteil der Therapeuten bietet ein kostenfreies Erstgespräch an.
Ich durfte der Dipl.-Psych. Marie Rose Fragen zum Thema Belastungsprobe Elternschaft stellen. Die Fragen sind mir über Instagram gestellt worden und ich habe sie an Marie Rose weitergeleitet.
Marie Rose ist Diplom-Psychologin und Systemische Therapeutin, die psychologische Beratung für Einzelpersonen, Paare und Familien in verschiedenen Konflikt- und Veränderungsphasen anbietet.
Little Paper Plane: Was ist ein Anzeichen dafür, dass Mutter-/Vatersein mehr Belastung als Spaß ist? Was hilft, einem das Elternsein zu erleichtern?
Marie Rose: Das Elternsein ist von Beginn an, dem Moment der Zeugung, ein gemeinschaftliches Projekt von Mutter und Vater. Auch später sollte dies im Idealfall so bleiben. Gerade im Alltag braucht es zuverlässige Menschen, die für das Kind sorgen und sich gegenseitig entlasten. Dies kann geschehen, indem die Eltern durch klare Absprachen eine Arbeitsteilung entwickeln, die ein leichteres Einfinden in die neuen Rollen ermöglicht. So können Aufgaben ohne das Gefühl der Überforderung übernommen und erledigt werden.
Den regelmäßigen Austausch untereinander halte ich hierbei für ein Schlüsselelement. Die Eltern sollten sich Zeit nehmen, miteinander über ihre Erfahrungen, Freuden und etwaigen Herausforderungen des Elternseins zu sprechen. So können Belastungen erkannt und durch individuelle Abmachungen verringert werden, bevor es problematisch wird. Diese soziale Unterstützung können Väter und Mütter auch im Kontakt mit Freunden, Bekannten, Kollegen erfahren. Durch den Austausch mit anderen Menschen in ähnlichen Lebenslagen und mit ähnlichen Themen können sie für sich selbst direkte Entspannung, Reduktion und Relativierung der eigenen Belastungserfahrung bewirken.
Wie belastet sich ein Elternteil genau fühlt, ist im Einzelfall zu erkunden und ggf. zu verändern. Menschen gehen individuell sehr unterschiedlich mit Anforderungen um. Was für den Einen noch leicht zu bewältigen ist, kann für den Anderen herausfordernd sein. Erste Anzeichen für eine ernstzunehmende Belastung können vielfältig und sowohl physischer als auch psychischer Natur sein. Eltern können bei sich selbst etwa eine erhöhte Reizbarkeit, verringerte Geduld, Gefühle wie Ärger und Aggression, Ängste, Trauer, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit feststellen. Des Weiteren können Symptome wie Schlafstörungen, sozialer Rückzug oder unangemessene Überaktivität auftreten. In der Regel sind dies kurzfristige Reaktionen, die nach einiger Zeit wieder abklingen.
Wie gut wir gegen Belastungen und Anforderungen im Alltag gewappnet sind, hängt von vielen Faktoren ab, die u.a. in folgenden Bereichen zu finden sind: familiäre und soziale Situation, Wohnsituation, Arbeitssituation, finanzielle Situation, Freizeitgestaltung, körperliche und seelische Verfassung. Hierbei gibt es sowohl Risiko- als auch Schutzfaktoren, das heißt hier können Ursachen für Schwierigkeiten als auch Schlüssel zur Lösungsfindung und Problembewältigung liegen.
Im Einzelfall ist es wichtig, dass sich derjenige, der sich dauerhaft, also länger als sechs Monate, im Elternsein belastet oder überfordert fühlt, einer Vertrauensperson offenbart und für Entlastung und Unterstützung sorgt. Erste Ansprechpartner können der Partner, Eltern, Schwiegereltern, weitere Familienmitglieder oder Freunde sein. Wenn professionelle Hilfe benötigt wird, stehen unter anderem Hebammen, Ärzte, Psychologen oder Psychotherapeuten zu Verfügung.
Little Paper Plane: Wie gehe ich damit um, wenn mein Partner einen unterschiedlichen Erziehungsstil hat als ich?
Marie Rose: Mutter und Vater kommen jeweils aus verschiedenen Elternhäusern, sind individuell erzogen und sozialisiert worden, vertreten unterschiedliche Haltungen und Werte. Dass es später im Erziehungsstil mit den gemeinsamen Kindern Unterschiede gibt, ist sehr wahrscheinlich. Dies muss an sich kein Problem darstellen. Kinder können sich in der Regel gut darauf einstellen, dass z.B. bei der Mutter diese und beim Vater jene Regeln gelten, vorausgesetzt, das „Elternteam“ arbeitet konsequent zusammen.
Vielleicht könnte man dies mit bilingual aufwachsenden Kindern vergleichen: In der Regel funktioniert es gut, wenn jeder Elternteil nur seine eigene Muttersprache spricht und Klarheit darüber herrscht, wer, wann für die Erziehung der Kinder zuständig ist. Dieses Vorgehen bietet für den Einen die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und bestimmt zu handeln. Für den Anderen beinhaltet dies die Möglichkeit, sich aus der Entscheidungsverantwortung zurückzuziehen, sich zu entspannen und sich in dem Moment auf andere Dinge, die für ihn selbst wichtig sind, zu konzentrieren.
Krisenpotential besteht, wenn sich Mutter oder Vater in die Erziehung des anderen Elternteils einmischt und / oder die Regeln des Anderen untergräbt, um die Zuneigung der Kinder zu gewinnen. Kinder merken es, wenn dies passiert und wittern die Chance, die Eltern gegeneinander auszuspielen. In diesem Fall ist es besonders wichtig, dass sich Eltern über zentrale Grundsätze einigen und sich solidarisieren, das heißt sich in der Erziehungsarbeit gegenseitig unterstützen und hinter den jeweils aktiv erziehenden Elternteil stellen. Dies braucht im Alltag regelmäßig Zeit, sich zusammenzusetzen, abzusprechen und gemeinsame Standpunkte zu entwickeln.
Little Paper Plane: Welche Lebensphase der Kinder wirkt sich bei den Eltern als besonders belastend aus?
Marie Rose: Jede Lebensphase, die die Kinder durchleben, ist für sich genommen einzigartig. Die Kinder zu begleiten und zu betreuen stellt für die Eltern ein Privileg und eine Herausforderung gleichermaßen dar.
Die Schwangerschaft und das erste Lebensjahr können als aufregend und turbulent betrachtet werden. Vieles ist neu und ungewohnt, das Familienleben mit dem neuen Erdenbürger muss sich erst einspielen. Unsicherheiten und Sorgen können entstehen. Der Schlafmangel und die körperliche Strapazen der Geburt und des Stillens tun ihr Übriges. Gleichzeitig gibt es kaum ein größeres Glücksgefühl, als das eigene Baby in den Armen zu halten. Dieses Wunder des Lebens ist hautnah spürbar. Hat sich der Wechsel zwischen Trink-, Wach- und Schlafphasen erst einmal eingependelt, kann diese erste besondere Zeit in vollen Zügen genossen werden.
Ideen: Lassen Sie sich nicht von klugen Ratgebern, anderen klugen Eltern oder Informationen aus dem Internet verrückt machen. Vertrauen Sie darauf, dass Sie als Mutter oder Vater der Experte für Ihr Kind sind, da Sie es am besten kennen. Verlieren Sie nicht den Mut bei etwaigen Misserfolgen. Sie befinden sich, ebenso wie Ihr Kind, in einer intensiven Lern- und Kennenlernphase. Versuchen Sie es erneut oder probieren Sie etwas anderes aus. Finden Sie ihre eigenen Lösungen und Ihren eigenen Rhythmus.
Im Kleinkindalter geht es für die Eltern rund: Die Kleinen lernen das Laufen und erkunden aktiv ihre Umwelt. Die Eltern üben sich im Hinterherlaufen, Gefahren abwenden und dem ersten Aufzeigen von Freiräumen und Grenzen. Die Kinder werden immer selbstständiger, verwandeln die elterliche Ordnung binnen Minuten in Chaos und brauchen immer weniger Schlaf. Dafür fangen sie herzerweichend an zu plappern und zeigen sich, als ob sie ihre Eltern für den täglichen Dauerlauf belohnen möchten, von ihrer besonders niedlichen Seite.
Ideen: Nehmen Sie Ihre Kinder ernst. Sie sind jetzt bereits fähig, Ihre Bedürfnisse zu zeigen oder zu artikulieren, worauf Sie adäquat reagieren können. Dies gilt in beide Richtungen. Sie als Eltern sollten auf sich und Ihre Wünsche achten und diese auch vermitteln. Setzen Sie schon frühzeitig Grenzen und stellen Sie klare Regeln auf, das wird Ihnen den Alltag auch in Zukunft erleichtern.
Im Kindergartenalter wird es deutlich: Die Kinder werden allmählich groß und möchten auf dem Weg in die Selbstständigkeit unterstützt werden. Sie sind bereits zu kleinen Persönlichkeiten herangereift, kennen sich bereits gut in der Welt aus und möchten diese nun aktiv gestalten. Im Grundschulalter setzt sich diese Entwicklung fort, ergänzt durch den Umgang mit neuen Pflichten, wie z.B. Hausaufgaben, dem Zurechtkommen in neuen sozialen Systemen mit gestiegenen Anforderungen und etwaigem Problemfeldern wie Leistungs- oder Konkurrenzdruck. Gleichzeitig eröffnet sich den Kindern durch die vielfältigen neuen Informationen und Erkenntnisse, sowie dem Erlernen von Fähigkeiten, wie Lesen und Schreiben eine neue Welt. Neugierde und Wissendurst werden entfacht, sportliche und kreative Talente erkannt und gefördert.
Ideen: Seien Sie für Ihre Kinder als Ansprechpartner verfügbar. Genauso, wie sie aktiv in die Welt hinausgehen, brauchen sie die Liebe und Geborgenheit eines sicheren Zuhauses. Sorgen Sie für zeitliche Freiräume, um den Kindern Erholung und Entspannung zu ermöglichen. Haben Sie immer ein offenes Auge und ein offenes Ohr. Genauso wichtig kann es sein, Diskussion auszuhalten und sich von den Kindern nicht die sprichwörtliche Butter vom Brot nehmen zu lassen. Sie als Eltern legen die Grundregeln des Verhaltens und Zusammenlebens fest. So schaffen Sie Ihren Kindern einen Rahmen, der Orientierung und Sicherheit schafft, welches letztendlich die Voraussetzung für das Gefühl der Freiheit ist. Mutter und Vater können die größere Selbstständigkeit Ihrer Kinder und die daraus resultierende kinderfreie Zeit für sich nutzen. Etwa für die berufliche Weiterentwicklung, den Wiedereinstieg, für den Genuss von mehr partnerschaftlicher Zeit oder für eigene Aktivitäten wie Sport, Musik o.ä.
Die Jugendzeit stellt einen weiteren neuen und aufregenden Lebensabschnitt dar. Vielfältige körperliche und seelische Veränderungen begleiten die Entwicklung hin zum Erwachsenwerden. Ihre Kinder probieren Vieles aus, experimentieren mit der Zugehörigkeit zu verschiedenen sozialen Gruppen, hören unterschiedliche Musik, tragen vielleicht verrückte Kleidung, testen verschiedene Aktivitäten aus. Gleichzeitig haben sie vermutlich oft mit der Einordnung in soziale Strukturen zu kämpfen, pendeln zwischen dem Wunsch der Uniformität einerseits und dem der Einzigartigkeit andererseits. Sie befinden sich auf dem Weg der Selbstfindung, der sie bis weit in das Erwachsenenalter hinein führen wird.
Ideen: Unterstützen Sie Ihr Kinder, indem Sie ihnen Freiheiten gewähren, Verantwortungen übertragen und ihnen einen wertvollen Erprobungsspielraum ermöglichen. Bieten Sie gleichzeitig den bekannten, von klaren Regeln und bedingungsloser Liebe gekennzeichneten familiären Rahmen an. Haben Sie Geduld und Vertrauen und erinnern Sie sich an Ihre eigene Jugendzeit. Leben Sie als Eltern ein Leben vor, das Sie sich für Ihr Kind wünschen.
Bei Konflikten und Spannungen kann es helfen, einen Schritt zurück zu treten und die Kindheit und Jugend als fortwährenden Ablösungsprozess zwischen Eltern und Kind zu begreifen. Dies beginnt bereits mit der Geburt und zeigt sich vielleicht am deutlichsten beim Auszug aus dem Elternhaus und der Aufnahme einer Berufstätigkeit. Zeiten, in denen es schwierig wird und aus Sicht der Eltern Probleme auftreten, können unter Umständen für Ihre Kinder wichtig sein, sich als eigenständige Individuen zu erkennen und zu entwickeln. Hierbei brauchen sie das Vorbild der Eltern, an dem sie sich orientieren und von dem sie sich auch immer wieder abgrenzen können, d.h. an dem sie sich „reiben“ und lernen können.
Um das Elternsein zu erleichtern, halte ich die elterliche Absprache und Arbeitsteilung und eine früh etablierte familiäre Gesprächskultur in einer annehmenden, wertschätzenden Atmosphäre für besonders wichtig. So können individuelle Bedürfnisse, sowohl auf Eltern- als auch auf Kinderebene, erkannt und berücksichtigt und diese einzigartige Beziehung feinfühlig gestaltet werden.
Vielen Dank!
Für mentavio ist außerdem kein Abo erforderlich. Mehr Infos zur Onlineberatung findet ihr hier. |
*Kooperation weil Interview.
Schreibe einen Kommentar