Du bist plötzlich da und selbst die vergangenen neun Monate konnten mich nicht darauf vorbereiten. Die kleinen Augen noch geschlossen und unglaublich zerknautscht legt dein Papa dich mir auf den nun leeren Bauch. Bist das wirklich du? Du, die mir Nacht für Nacht den Schlaf geraubt hat, die mir mit ihren Beinchen so manches Mal gegen die Magengrube gehauen hat? Du, die mir mit ihrem lustigen Schluckauf ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hatte?
Ich weiß nicht, wie du dich fühlst, ob du schon denkst und ob du mich erkennst. Wir müssen uns noch kennenlernen, erschnuppern, ertasten und das wird ein Weilchen dauern. Deinen ersten Schrei habe ich verpasst, obwohl ich so sehnlichst darauf gewartet hatte. Es lief nun mal nicht alles nach Plan, doch welche Geburt tut das schon. Dein Papa hingegen, der hat dich gleich gehört und er konnte es kaum glauben, als er dich zum ersten Mal gesehen hat. Angst, Aufregung, Erleichterung, das waren nur einige seiner Gedanken, als er dich kleines, frisches Menschlein in den Armen hielt.
Aber nun bin ich dran. Endlich lässt die Narkose nach, ich bin noch benebelt als dich dein Papa zu mir bringt. Ich schaue dich ganz genau an, studiere deine Gesichtszüge, kontrolliere ob du alle Finger und Zehen hast. So siehst du also aus. Ähnelst du mir? Oder doch deinem Papa? Kann man das überhaupt schon beurteilen? Kannst du mich sehen?
Eines steht fest, du bist du. Ein ganz eigener, ganz wunderbarer Mensch und ich habe dich gebastelt.
Da liegst du also, 49 Zentimeter Mensch, auf meinem Bauch, der lange dein Zuhause war. Von nun an heißt es für immer. Für immer du und ich und Papa. Wir sind zu dritt, ein Team, eine Familie. Familie. Ein Wort, das jetzt ganz anders klingt, ganz neu und aufregend. Ich bin es, deine Mama. Holy s*it, ich bin Mama – heißt das, ich muss jetzt erwachsen werden? Ich bin nun für ein Lebewesen verantwortlich. Ich gebe zu, ich habe Angst – alles andere wäre gelogen. Angst zu versagen, die Geduld zu verlieren, dir nicht gerecht zu werden. Aber du liegst da und bekommst von meinen Zweifeln nichts mit. Du schenkst mir dein vollstes Vertrauen, dein ganzes Ich.
Ich war dein Universum, als du noch in meinem Bauch gewohnt hast und jetzt, liebe Matilda, jetzt bist bist du meines.
*Dieser Artikel ist ursprünglich unter dem Titel „Dieser kleine, neue Mensch“ im Rahmen meiner monatlichen Kolumne im österreichischen Magazin miss erschienen. (Veröffentlichung im Oktober 2016).*
Sandra Zauner meint
Der letzte Satz…❤❤❤❤…der letzte Satz trifft den Nagel auf den Kopf ❤❤❤
Conny meint
Wunderschön wie du das geschrieben hast. Danke. Bewundernswert, trotz Schwierigkeiten so wunderbar positiv zu schreiben. Es ist immer wieder ein wunder. Und eine völlig neue Welt. Eine Welt mit Kind. Alles Gute euch!